Zuviel oder zu wenig Wohnraum?

Lässt man seinen Blick über Magdeburg schweifen, gewinnt man schnell den Eindruck, dass überall gebaut wird – und damit sind nicht Brücken oder Tunnel gemeint.

Von A wie Altstadt bis W wie Werder wachsen Neubauten empor oder sind noch in Planung, die nach ihrer Fertigstellung vermietet werden sollen. Doch wer soll all diesen Wohnraum mieten? Während die Baukosten steigen, klettern auch die Preise auf dem Mietmarkt in die Höhe – allerdings nicht proportional dazu. Es ist davon auszugehen, dass sich das Mietpreis-Niveau für eine Neubauimmobilie in den nächsten Jahren zwischen sieben und neun Euro pro Quadratmeter einpegeln wird. In besonderen Lagen, beispielsweise mit Elbblick oder in Dom-Nähe, können je nach Ausstattung sicherlich auch zehn bis zwölf Euro pro Quadratmeter fällig werden.

Bei dieser Entwicklung bleiben die Bestandsimmobilien teilweise unberücksichtigt. In Magdeburg gibt es noch immer mehr Wohnraum, als benötigt wird. Vor allem in Lagen, die sich abseits des Geschehens im Zentrum befinden – wie etwa Salbke, Rothensee, Diesdorf, Stadtfeld West oder auch Fermersleben –, findet sich viel freier Wohnraum. Grundvoraussetzung für eine Vermietung in diesen Stadtteilen ist oftmals eine frisch- und kernsanierte Wohnung. Während sich die Konditionen in anderen deutschen Städten viel schlechter darstellen, haben Magdeburger Mieter den „Luxus“ einer großen Auswahl. Hier muss niemand eine Bewerbung schreiben oder mit unzähligen anderen Interessenten um die Gunst des Vermieters buhlen, um eine Wohnung zu bekommen.

Im Gegenteil. Bei den bestehenden Wohnräumen ist zu beobachten, dass diese teilweise über einen längeren Zeitraum leer stehen. Ohne größere Investitionen – beispielsweise eine Badsanierung – sind die Mieten in diesen Bereichen auch nicht steigerungsfähig. Der durchschnittliche Mietpreis für eine normal ausgestattete Wohnung liegt in Magdeburg zwischen, 5,50 und 6,50 Euro pro Quadratmeter. Und dieser Gesamtprozess bringt im Gegensatz zur Entwicklung im Bereich der Kaufimmobilien nicht nur eine Stagnation der bestehenden Objekte, sondern auch einen sogenannten Mietermarkt – soll heißen, dass es für Wohnungen mehr Anbieter gibt als Nachfrager.

Wer in Magdeburg wohnen möchte, hat – überspitzt formuliert – die Qual der Wahl. Selbst in zentraler Lage sind die Mieten bezahlbar, sogar verhältnismäßig günstig und nicht ansatzweise mit Berlin Mitte, München oder Hamburg zu vergleichen. Erschreckend hingegen ist die Entwicklung im gewerblichen Bereich. Zahlreiche Ladengeschäfte stehen leer. Barbershops, Spätshops, Shisha-Bars und Lieferdienst-Ketten reihen sich aneinander und sorgen für wenig Abwechslung im städtischen Gewerbe-Antlitz. Durch den Vormarsch der Online-Shopping-Anbieter hat sich in den vergangenen Jahren viel verändert und die Vorkehrungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben so manchem lokalen Gewerbetreibenden den letzten Dolchstoß versetzt. Ohne mutige Konzepte zur Belebung der Innenstadt beziehungsweise der einzelnen Stadtteile werden wir uns langfristig von dem Gedanken verabschieden müssen, eine ausgestorbene Ladenlandschaft wieder zum Leben erwecken zu können.

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